Tropischer Regengürtel auf Abwegen

Der meiste Regen der Erde f?llt im tropischen Regeng¨¹rtel. Milliarden von Menschen h?ngen von ihm ab. Doch die regenreiche Zone reagiert sehr sensibel auf Klimaschwankungen. So scheint eine Verschiebung nach S¨¹den f¨¹r die D¨¹rre in der afrikanischen Sahelzone in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts verantwortlich gewesen zu sein.

Vergr?sserte Ansicht: Tropischer Regengürtel
Der tropische Regeng¨¹rtel bringt Wolken und Regen. (Bild: Nasa Earthobservatory)

Der tropische Regeng¨¹rtel ist eine schmale, niederschlagsreiche Zone in ?quatorn?he. In dieser sogenannten innertropischen Konvergenzzone (ITCZ) treffen die warmen und feuchten Nordost-Passatwinde der Nordhalbkugel auf die S¨¹dost-Passatwinde der S¨¹dhalbkugel. Die konvergierenden Luftmassen steigen auf, k¨¹hlen sich ab, der Wasserdampf in ihnen kondensiert ¡ª und f¨¹hrt zum st?rksten mittleren Regen, den die Erde kennt. In der ITCZ fallen im Durchschnitt etwa 12 mm Regen pro Tag, dreimal so viel wie in der Schweiz.

Mehr Regen, wo es w?rmer ist

Der tropische Regeng¨¹rtel wandert im jahreszeitlichen Verlauf: Im Sommer der Nordhalbkugel verschiebt sich die ITCZ etwas nach Norden, im Sommer der S¨¹dhalbkugel verschiebt sie sich etwas nach S¨¹den, also jeweils in Richtung der jahreszeitlichen Erw?rmung. ?ber Ozeanen betr?gt die Verschiebung mehrere hundert Kilometer. Aber ¨¹ber Kontinenten wie S¨¹dasien und Afrika macht die ITCZ jahreszeitliche Schw¨¹nge von ¨¹ber tausend Kilometern. So bringen die sommerlichen Nordschw¨¹nge der ITCZ die Monsunregenf?lle Afrikas und S¨¹dasiens mit sich. Die Forschung hat inzwischen viele Beispiele gefunden, die zeigen, dass die ITCZ sensibel auf schon leichte Klima?nderungen reagieren kann: Schwankt der Energiehaushalt der Erde nur geringf¨¹gig, kann das die tropische Regenverteilung bereits dramatisch verschieben [1].

Fehlender Regen in der Sahelzone

Sahelzone
Zunehmend trocken: Sahelzone (blau). (Bild: Flockedereisbaer / Wikipedia)

Die Sahelzone liegt s¨¹dlich der Sahara und gerade am Nordrand des jahreszeitlichen Nordschwungs der ITCZ. Es regnet in der Sahel im Sommer ¡ª allerdings nur, wenn die ITCZ weit genug nach Norden schwingt. Kehrt die ITCZ auf ihrer jahreszeitlichen Nordwanderung um, bevor sie die Sahelzone erreicht, bleibt der Regen aus. Genau das ist zwischen 1950 und 1980 zunehmend geschehen, mit verheerenden Folgen. Mehr als 100¡®000 Menschen fielen direkt den Hungersn?ten zum Opfer, und es gibt plausible Theorien [2], dass die politische Destabilisierung Zentralafrikas und zum Beispiel der Genozid in Darfur (Sudan) wenigstens zum Teil auf die D¨¹rre zur¨¹ckf¨¹hrbar sind.

Wie kam es zur S¨¹dverschiebung der ITCZ und dem ausbleibenden Regen in der Sahel? Die letzten Ursachen sind noch nicht restlos gekl?rt. Klar aber ist inzwischen, dass sich die ITCZ nach S¨¹den verschiebt, wenn sich die S¨¹dhalbkugel relativ zur Nordhalbkugel erw?rmt. Und genau das ist zwischen 1950 und 1980 geschehen: Die Erde hat sich global erw?rmt, im Norden wie im S¨¹den, aber die Erw?rmung im S¨¹den schritt schneller voran. Das liegt wahrscheinlich zum einen an nat¨¹rlichen Klimavariationen im Nordatlantik, welche die Nordhalbkugel Mitte des 20. Jahrhunderts etwas abk¨¹hlten. Zum anderen spielen dabei aber auch  menschgemachte Feinstaubpartikel (Aerosole) eine wichtige Rolle. Diese sind in der st?rker bev?lkerten Nordhalbkugel konzentriert und reflektieren das Sonnenlicht, was k¨¹hlend wirkt.

Blick in die Vergangenheit

Vergr?sserte Ansicht: ITCZ
Die innertropische Konvergenzzone: Niederschlag und Winde im Jahresmittel. Die rote Raute markiert das Cariaco-Becken. (Grafik: Tapio Schneider / ETH Z¨¹rich)

Auch in der j¨¹ngeren Erdgeschichte verlief die ITCZ nicht immer gleich. Zur Zeit steht sie im Sommer ¨¹ber dem Cariaco-Becken vor der K¨¹ste Venezuelas und bringt dort den Sommerregen. Aber Sedimentkerne aus dem Cariaco-Becken zeigen, dass das nicht immer so war. Die mineralogische Zusammensetzung der Sedimentkerne l?sst darauf schliessen, dass die ITCZ ¨¹ber zehntausende von Jahren immer dann weiter nach S¨¹den schwang und der Regen ¨¹ber dem Cariaco-Becken sich abschw?chte oder ausblieb, wenn die Nordhalbkugel sich relativ zur S¨¹dhalbkugel abk¨¹hlte ¡ª wie im Fall der Sahelzone.

Was wird die Zukunft bringen?

Klimamodelle haben Schwierigkeiten, die ITCZ zuverl?ssig zu simulieren. Wahrscheinlich liegt das an der empfindlichen Abh?ngigkeit der ITCZ vom Energiehaushalt der Erde. Geringe Fehler in der Simulation von Wolken k?nnen zum Beispiel zu erheblichen Fehlern in der Simulation des ITCZ-Regens f¨¹hren. Wird die Sahel weiter austrocknen? Oder wird sie wieder feuchter werden? Und wie wird sich die Verteilung der Monsunniederschl?ge ?ndern? Dies sind zentrale Fragen, mit denen sich die Klimadynamik derzeit besch?ftigt. Es sind Fragen, deren Beantwortung dringlich ist: Mehr als die H?lfte der Weltbev?lkerung h?ngt von ITCZ- und  Monsunniederschl?gen ab. F¨¹r sie brauchen wir verbesserte Simulationen. Die Vergangenheit, wie sie sich zum Beispiel aus dem Cariaco-Becken rekonstruieren l?sst, mag einen Schl¨¹ssel f¨¹r die Zukunft halten.

Weiterf¨¹hrende Informationen

[1] T. Schneider, T. Bischoff & G. H. Haug, 2014: Migrations and dynamics of the intertropical convergence zone, Nature, 513, 45-53.

[2] United Nations Environment Programme, externe SeitePost Conflict Assessment Sudan

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